Unser erster Stopp in Chile ist das kleine Städtchen San Pedro de Atacama, inmitten der Atacamawüste. Der Ort ist mit seinen knapp 2000 Einwohnern die bevölkerungsreichste Siedlung in der Kommune und hat eine extrem touristische aber zugegeben auch relaxte Atmosphäre. Er besteht nur aus sandigen Straßen und das ganze Leben spielt sich am Plaza de Armas ab, wo sich eine kleine Kirche (hier wurden statt Nägel nur Lederriemen verarbeitet) und das Rathaus befinden. Obwohl es hier kaum etwas Sehenswertes gibt, gilt er als Touristenmagnet Nummer 1 im Norden Chiles. Daher auch die überproportionale Dichte von Hostels und Restaurants und die doch gesalzenen Preise. Früher oder später strandet hier jeder Reisende, der aus der Salzwüste nach Süden will. Auch wir bleiben einige Tage hängen und versuchen täglich eine Wüstentour zu buchen, um mit Riesen-Teleskopen in den Sternenhimmel zu blicken, denn die Atacamawüste ist weltweit einer der besten Plätze um in den Himmel zu schauen. Doch in ganzen fünf Tagen, gab es keine einzige wolkenfreie Nacht, echtes Pech denn eigentlich ist hier einer der wolkenärmsten Plätze der Welt. Also entscheiden wir uns weiter Richtung Süden zu reisen und besorgen uns ein 24 Stunden-Bus-Ticket (aaahhh!!!) nach Santiago de Chile, die Distanzen sind enorm, Chile ist ganze 4200 km lang und im Schnitt nur 200 km breit. Vom Bus aus können wir dann doch noch das ganze Ausmaß der Atacamawüste, der trockensten Wüste der Welt, bewundern. Stundenlang fahren wir durch eine reinste Mondlandschaft, wo kein Grashalm wächst. Und entgegen unserer Erwartungen wird die Busfahrt überhaupt nicht anstrengend und vergeht schneller als gedacht, denn hier in Chile sind doch tatsachlich nicht nur die Busse neuer und sauberer, sondern auch die Straßen viel besser ausgebaut.
Am frühen Morgen erreichen wir Santiago und nach der langen Busfahrt gönnen wir uns ein Taxi zum Hostel, inmitten der Stadt am Plaza de Armas, trotz der zentralen Lage im 8er Raum, eines der günstigsten Hostels. Natürlich werden wir direkt vom Taxifahrer abgezogen, der mit unserem Wechselgeld davonbraust … naja waren zum Glück nur 8 Dollar, trotzdem echt ärgerlich!
Santiago de Chile ist die Hauptstadt von Chile. Rund 44 % der chilenischen Bevölkerung leben in der Metropole. Für uns viel zu riesig, um auch nur im Geringsten eine Ahnung zu haben, wo wir hier anfangen sollen. Also schließen wir uns mal wieder der obligatorischen Free Walking Tour an, die es in Südamerika zuverlässig in jeder Großstadt gibt. Deswegen jetzt gleich auch ein paar Fakten die wir dabei gelernt haben:
1540 erreichten die Spanier um Pedro de Valdivia zu Pferde das Gebiet. Mit seiner kleinen Gruppe sah sich Valdivia den indigenen Mapuche gegenüber, die durch die Inkas vorgewarnt, den Spaniern feindlich gegenübertraten. Nach zähen Verhandlungen wurde es Valdivia dann aber doch erlaubt, im Februar 1541 Santiago zu gründen. Nur kurze Zeit später lebte der Widerstand der indigenen Mapuche aber wieder auf und es begann eine über drei jähriger Krieg, indem die indigene Bevölkerung die Stadt belagerte. Erst 1543 kam Hilfe aus Peru und die Spanier konnten sich gegen die Aufstände der Einheimischen behaupten. Die indigene Bevölkerung zog sich daraufhin aus Santiago immer weiter Richtung Süden zurück, leistete aber weiterhin tapferen Widerstand, denn die Mapuche waren hervorragende und furchtlose Krieger. Die nächsten Jahrhunderte wehrten sich die Mapuche tapfer wurden aber gegen die stetig stärker werdenden Kolonialkräfte immer weiter Richtung Süden zurückgedrängt. Auch nach der chilenischen Unabhängigkeit 1818 konnten die Mapuche nie komplett besiegt werden und so haben die Mapuche lange ihre Unabhängigkeit und Kultur bewahrt. Heute leben die Mapuche noch in Chile und sehen sich immer öfter Landstreitigkeiten mit der chilenischen Regierung ausgesetzt. Sie werden nicht als ethnische Minderheit anerkannt.
Obwohl sich die Stadt heute als moderne Hauptstadt präsentiert, findet man an vielen Ecken immer noch die alten historischen Gebäude der Spanier, allem voran der Plaza de Armas, wo die spanischen Streitkräfte mit ihren Waffen aufmarschiert sind, um ihre Macht und Stärke gegenüber der einheimischen Bevölkerung zu zeigen. Das Wahrzeichen aber ist die mächtige Kathedrale Iglesias de San Francisco, die älteste Kirche des Landes, die im 16. Jahrhundert erbaut wurde und schon manches Erdbeben überstanden hat. Die Tour führt uns weiter über den berühmten Fischmarkt, dem Viertel La Chascona, wo einst Pablo Neruda, Chiles berühmtester Poet lebte und weiter durch viele kleine, schöne Gassen, voller Lokale und Geschäfte, welch ein Unterschied zu Bolivien. So viel Großstadt macht natürlich hungrig und wir probieren uns einmal quer durch die chilenische Küche. Ein Muss ist Pastel de Choclo, ein extrem leckerer und reichhaltiger Maisauflauf und Lomo Pobre – eine riesige Portion Pommes mit Ei, jeder Menge Zwiebeln und zwei riesigen Steaks. Die Portionen sind riesig und wir können uns nur noch in unser Hostel zurück rollen.
Nach so viel Großstadt zieht es uns wieder aufs Land, wo der berühmte chilenische Wein wächst und so machen wir uns mit dem Bus auf den Weg nach Süden. Das Colchagua Valley ist mit seinen rund 20 Weingütern Chiles größtes und best-etabliertes Weinanbaugebiet. Viel Sonnenschein, ausreichend Niederschlag, lehmige Böden und kalte Nächte, lassen hier die besten Rotweine (v.a. Cabernet Sauvignon, Merlot und Carmenere) des Landes wachsen. Der Hauptort in der Weinregion ist das kleine Städtchen Santa Cruz. Kaum aus dem Bus gestiegen, haben wir das Gefühl, dass wir Südamerika hinter uns gelassen haben und direkt in Deutschland angekommen sind. Überall finden wir Ausschilderungen zu Weingütern mit deutschen Namen und Restaurants mit deutschen Spezialitäten. Natürlich kommen wir nicht ohne einen Halt an einer Bäckerei vorbei, die frische Brezeln im Angebot und leckern Streuselkuchen hat, bevor wir uns schließlich auf den Weg zur Weinprobe im Weingut Laura Hartwig machen. Die Deutsche wanderte 1966 nach Chile aus und gründete das Weingut. Das Tasting fällt so üppig aus (sechs prall gefüllte Gläser für jeden), dass wir auf eine zweite Weinprobe verzichten. Stattdessen statten wir dem wirklich sehenswerten und kostenlosen Museo de Colchagua einen Besuch ab. Die private Sammlung ist riesig und wir verbringen Stunden zwischen historischen Fundstücken, religiösen Artefakten und modernen Erfindungen. Welchen Schwerpunkt das Museum hat, konnten wir trotz so langer Zeit nicht herausfinden, es ist einfach eine bunte Sammlung der Epochen und Themen und definitiv einen Besuch wert.
Unsere Reise führt uns weiter nach Pucon. Etwas südlich der Stadt liegt der noch aktive Vulkan Villarrica, den wir besteigen wollen. Aber das Wetter macht uns mal wieder einen Strich durch die Rechnung, es ist halt Winter und alle Touren sind aufgrund der einsetzenden Schneefälle gestrichen. So bleibt uns nur übrig ein paar Bilder von der Stadt aus zu schießen und einmal um den Lago Villarrica mit seinem schwarzen Sandstrand zu spazieren. Unser Hostel ist eines der Besten seit langem und so beschließen wir einige Tage zu entspannen. Außerdem gibt es in Pucon 100te von Cafes, die sich alle mit ihren kunstvoll angerichteten „Kuchen, Streußel oder Omas-Obstkuchen“ (ja das heißt hier wirklich so) übertreffen. Anfang des 20. Jahrhunderts sind rund 12.000 Deutsche nach Chile ausgewandert. Die deutschen Einflüsse sind an jeder Ecke erkennbar. So gibt es eben unzählige Weingüter, Restaurants, Bäckereien oder Konditoreien, die allerlei deutsche Spezialitäten verkaufen. Und so haben wir uns vier Tage lange durch sämtliche Kuchentheken gegessen, muss ja auch mal sein.