Am Mittelpunkt der Erde

Ecuador erreichen wir wieder zu Fuß, der Grenzübergang von Ipiales verläuft problemlos und kurz hinter der Grenze nehmen wir uns ein Taxi, das uns zum Busterminal von Tulcán, dem ersten ecuadorianischen Ort in der Nähe bringt. Wir bitten den Taxifahrer kurz am städtischen Friedhof anzuhalten, der für seine kunstvoll geschnittenen Hecken bekannt ist. Zwei Brüder haben als Hobby vor vielen Jahren damit begonnen und führen die Schnitte bis heute auf beeindruckende Weise fort. Für so eine Stadt im Nirgendwo, bekommt man hier wirklich einen riesigen Friedhof mit hunderten von schön geschnittenen Hecken zu sehen, auf jeden Fall krass und tatsächlich eine Touristenattraktion. Weiter gibt es hier aber wenig zu sehen und so machen wir uns per Bus auf den Weg durch die Anden nach Otovalo. Hatten wir bis jetzt noch keinen wirklichen Unterschied zu Kolumbien feststellen können, ändert das sich auf dem Weg schlagartig, alles ist viel höher, bergiger, die Kleidung, die Leute, wir sind hier definitiv in den Anden. Als wir schließlich in der Stadt ankommen suchen wir uns eine günstige Unterkunft in der Nähe des geschäftigen Busterminals. Ziemlich hungrig genehmigen wir uns erstmal 2 Salchipapas (Wurst mit Pommes) an einem der zahlreichen Straßenstände, bevor wir die bekannte Marktstadt erkunden. Die Stadt selbst hat wenig zu bieten außer ein paar Kirchen und natürlich jeder Menge Geschäfte, also beschließen wir das Umland zu erkunden.
Etwas außerhalb der Stadt liegt Lechero, ein von den indigenen Völkern verehrter uralter Baum, der magische Heilfähigkeiten besitzen soll, wir sind nicht krank und können das also nicht überprüfen, weswegen wir die schöne Aussicht über die Stadt und die nahegelegene Lagune genießen. Im nur 2 km entfernten Parque Cóndor statten wir den stattlichen Kondoren und anderen Vögeln einen Besuch ab. Die Stiftung rehabilitiert allerlei Raubvögel und Geier. Am Ende unseres Rundgangs gibt es (dank Nebensaison) noch eine fast private Flugvorführung und wir dürfen einen Buntfalken sogar selbst auf die Hand nehmen, ziemlich cool. Die Stadt Otavalo ist allerdings viel mehr für seinen riesigen Samstagsmarkt bekannt (jede Straße der Innenstadt ist voll mit Ständen), wo man von traditionell gekleideten indigenen Verkäufern allerlei Kunsthandwerk kaufen kann. Trotz unseres begrenzten Gepäckes, schließlich tragen wir das Zeug überall hin, schaffen wir es dann doch nicht so ganz ohne shoppen über den Markt zu gehen. Vom Stadtmarkt machen wir noch einen Abstecher in Richtung Stadtrand, zum deutlich unbekannteren Tiermarkt und das ist wirklich ein Spektakel. Kühe, Schweine, Hühner, Truthähne, Meerschweinchen, Hasen hier wird wirklich alles angeboten was Füße hat. Als Touristen mit Kamera muss man sich schon den ein oder anderen Spruch anhören, wenn man fotografiert, aber da unser Spanisch doch limitiert ist, stört uns das nicht weiter und wir beobachten das wilde Treiben. Der Markt ist allerdings definitiv nicht für empfindliche Näschen geeignet was 2 deutsche Mädels auch mit „Ohh wie schrecklich, die armen Tiere“ kommentieren. Erstaunlich naiv wenn man bedenkt wie in Europa Fleisch, Eier, etc. im Großmaßstab produziert werden, aber wir schweifen ab.

Nach so viel Stadtluft, Tierausdünstungen und Menschenmassen, zieht es uns dann doch wieder raus an die frische Luft. Rund 15 km außerhalb der Stadt liegt der spektakuläre kraterähnlicher See Laguna Cuicocha, inmitten eines erloschenen und erodierten Vulkans. Eine rund 14 km lange Wanderung führt einmal um den Krater. Allerdings haben wir mit dem Wetter, mal wieder, nicht viel Glück und es regnet und hagelt ununterbrochen. Auf knapp 3500 Metern kommen wir ganz schön ins frieren und nach 4 Stunden sind auch unsere Schuhe komplett durchweicht, weswegen wir froh sind eine der raren Mitfahrgelegenheiten in die Stadt zu ergattern.

Uns reicht es mit Regen und sobald unsere Sachen wieder trocken sind brechen wir nach Süden auf. Am berühmtesten ist Ecuador, wie der Name schon sagt, natürlich für seine Lage am Äquator. 22 km nördlich von Quito, ist der Ort, an dem Charles-Marie de la Condamine 1736 die Messung vornahm, die bewies, dass an dieser Stelle der Äquator verläuft. Neusten GPS-Berechnungen zufolge liegt die wahre geographische Breite von 0°00` allerdings 300 m weiter nördlich. Egal, wir machen uns trotzdem auf dem Weg zur Mitad del Mundo (Mitte der Welt), um einmal zu Fuß von der Nordhalbkugel zur Südhalbkugel zu spazieren.

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