Puerto Rico – Kaffee, Küste, Kioske

Eigentlich wollten wir ja nach dem Wahlergebnis endgültig die USA verlassen, aber so ganz haben wir es dann doch nicht geschafft, weil einer der günstigsten Flüge ab Miami in das US-Terretorium Puerto Rico ging (Puerto Rico hat übrigens kein Wahlrecht bei der Präsidentschaft und ist somit unschuldig :-)). Egal, unser Visum war zum Glück noch einige Tage gültig, also haben wir schnell gebucht und ab ging der Flug. Entgegen unserer Gewohnheit, hatten wir sogar schon die erste Unterkunft in San Juan gebucht. Da kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen!

Allerdings wurde unsere Vorstellung mit Puerto Rico einen „leichten“ Einstieg für Mittel- und Südamerika zu finden, schon nach wenigen Stunden zerstört. Hier im US-Territorium glaubten wir noch gut ohne Spanischkenntnisse klar zu kommen, aber tatsächlich spricht hier fast keiner Englisch (typische Konversation: „Do you speak english?“ – „No!“ – ab dann Zeichensprache) und wir haben umgehend unsere Spanisch-Übungen intensiviert.

Unsere erste Nacht haben wir im „Zen Retreat Guesthouse“ gebucht. Das klingt definitiv nach Ruhe und Entspannung pur und wir dachten uns, genau das richtige nach den Reisestrapazen. Naja, nicht ganz. Wir wurden gleich nach unserer Ankunft von Eileen, der Besitzerin, in Empfang genommen. Nach 5 Minuten war dann aber klar, dass Eileen ihrem Zen Motto nur wenig abgewinnen kann. Sowas chaotisches und wuseliges kann man sich fast nicht vorstellen, Eileen ist definitv Non-Stop auf 180! Aber ganz egal, Eileen ist auch eine der nettesten und hilfsbereitesten Gastgeber, die wir bis dato auf unserer Reise getroffen haben. Sie hat uns bei so vielen Dingen geholfen (Handybestellung, Auto organisiert, rumkutschiert, Geld vorgestreckt, …) und wir hatten eine wirklich tolle Zeit. Außerdem haben wir in unseren Diskussionen viel über die Situation in Puerto Rico gelernt, unter anderem das Verhältnis zur USA und die Unabhängigkeitsbewegung. Das „Zen Retreat Guesthouse“ kann man nur empfehlen!

Da es gerade Hauptsaison ist und die Mietautos echt knapp auf der Insel sind, freuen wir uns umso mehr, dass uns Eileen noch ein Auto beschafft hat, was sogar noch viel günstiger ist, als bei der üblichen Vermietmafia. Als wir am nächsten Tag das Auto abholen, ist die anfängliche Vorfreude allerdings recht schnell verflogen. Der Hyundai Accent, der furchtbar stinkt, dreckig ist, sich nicht umklappen lässt und bei dem an allen Ecken und Kanten ein anderes Teil abfällt, wenn man es berührt ist das versiffteste Auto das wir jemals hatten. Wir entledigen uns des Duftbaums Marke „Kotzgeruch“ um einige Minuten später festzustellen das es wohl nicht der Duftbaum war. Egal Auto ist Auto und wir haben keine bezahlbaren Alternativen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln sieht es außerhalb der Hauptstadt auch düster aus. Nach dem relativ relaxten Fahren in den USA erwartet uns hier schon ein anderes Kaliber: typisch agressive Fahrweise der Karibikstaaten und allerorts volle, verstopfte Straßen. Dazu Schlaglöcher so groß, dass man einen ganzen Kinderwagen drin versenken könnte. Die nicht mehr existierenden Stoßdämpfer an unserem Hyundai helfen da natürlich wenig.

Da wir getreu dem Motto „Planlos um die Welt“ reisen und uns auch diesmal keinerlei Infos über das Land vorab besorgt haben brauchen wir ein paar Tage um uns zurecht zu finden. Also gingen wir Schritt für Schritt vor und erkundeten die Insel Regionenweise.

San Juan:

Die heutige Hauptstadt von Puerto Rico wurde 1521 von Spaniern gegründet. Die Altstadt ist seit 1983 als Unesco Welterbe gelistet und definitv sehenswert. Wir starten unsere Stadtbesichtigung im alten historischen Kern El Viejo. Das Stadtviertel ist heute nur noch ein kleiner Teil der immens gewachsenen Stadt. In den kleinen Gassen kann man viele restaurierte Kolonialbauten des 16. und 17. Jhd. besichtigen. Zwischen den zahlreichen alten Denkmälern gibt es aber auch viele schicke Desingerläden und Bistros. In allen Straßen herrscht reges Treiben und chaotische Verkehrsstaus, als Füßgänger ist hier vorsicht geboten, es gilt das Recht des Stärkernen. Die Hauptattraktion ist aber definitiv die noch völlig erhaltene Festung San Felipe del Morro. Sie liegt genau auf einer Landzunge und bewacht seit jeher die Hafendurchfahrt von San Juan. Das 6 Stockwerke hohe imposante Bauwerk stammt aus dem Jahr 1620 und wurde zu Ehren des Spanischen Königs errichtet. Die Festung hielt in all den Jahren den Angriffen der Franzosen und Holländer stand. Die Holländer hätten es fast geschafft die Festung einzunehmen, aber durch Unterstützung der Bevölkerung, konnte der spanische Stützpunkt erfolgreich verteidigt werden. Sie galt nach einem weiteren Ausbau als uneinnehmbar und ragt heute 45 m über dem Meer auf. Weitere Angriffe von Piraten und Freibeutern wie Sir Francis Drake verliefen ebenfalls erfolglos.

Der neue Teil der Stadt wird dominiert durch moderne und teilweise sehr teure Hotels und es herrscht fast das gleiche Bild wie in den USA, Burgerläden, Cafes und Boutiquen. In diesem Touristenviertel ist englisch tatsächlich die dominante Sprache, auf dem Land ist davon aber nichts mehr zu hören.

Zentral / Hochland:

Toro Negro

Nach ein paar Tagen in der quirligen Hauptstadt brauchen wir etwas Ruhe und erkunden das Land per Auto auf der sehenswerten Ruta Panoramica, eine 265 km lange Straße mitten durch die Insel. Das wirklich schöne Hochland überwältigt mit seiner üppigen Vegetation, den zahlreichen Kaffeeplantagen und den teilweise abenteuerlichen Straßenverhältnissen. Das Land ist dünn besiedelt und nur selten finden sich nennenswerte Ortschaften. Wir stoppen im Gujataca State Forest der 1943 gegründet wurde und unternehmen eine kurze Wanderung zur Cueva Viento in die wir hinabsteigen. Die Höhle ist beeindruckend, stockdunkel und beherbergt eine große Fledermaußkolonie die uns öfter mal umflattert. Wir tasten uns mit unserem bescheidenen Handylicht voran. Die Höhle ist kostenlos und leider wenig geschützt, so finden wir viele scheinbar mutwillig zerstörte Stalakmiten, in Deutschland wäre die Höhle sicher ein Highlight und man würde Eintritt verlangen.

Auch besteigen wir einen der höheren Gipfel der Insel, den Toro Negro. Das Waldreservat ist sehr schön und viel weniger besucht wie der überlaufene und bekannte Nationalpark El Yunque. Das liegt wohl auch daran das der offizielle Eingang geschlossen ist und wir uns über einen Seiteneingang Zutritt verschaffen. Der Ausblick von dem kleinen Tower auf dem Gipfel ist beeindruckend, man steht mitten im Urwald, soweit das Auge reicht.

In Utuado finden wir über Airbnb eine günstige Unterkunft, in der wir uns für die nächsten Tage einquatieren. Zum Glück holt uns der Besitzer Jose in der Stadt ab, denn die Fahrt zum Haus ist abenteurlich und liegt eigentlich gar nicht in Utuado, sondern irgendwo weit oben in den Bergen. Die engen Waldwege haben eine Steigung von gefühlten 80 % und wir müssen unser Auto so einige Male ziemlich quälen, um nicht stehen zu bleiben. Die tiefen Schlaglöcher alle 2 Meter machen es auch nicht gerade leichter. Dafür hat man einmal oben angekommen einen wahnsinnigen Ausblick und ist von einem grünen Meer umgeben. Außerdem kann man die ganze Nacht dem Konzert der männlichen Coqui Frösche (Höhlenpfeiffrösche) lauschen, die zum einen mit ihrem lauten „ko-Qui“ Rufen ihre Konkurrenten vertreiben wollen („ko“) und zum anderen Weibchen anlocken („Qui“). Der Frosch ist Nationaltier von Puerto Rico und eines Abends verirrt sich sogar einer dieser winzigen braunen Frösche in unsere Wohnung. Trotzdem fordert der Urwald Tribut bei unserem Auto: Bei einer nächtlichen Heimfahrt mit unserem „Auto“ (getönte Frontscheibe und Kerzen als Lichter) übersehen wir bei knapp 30 km/h eine 20 cm tiefe Regenrinne (natürlich quer über die Straße) und verlieren den halben Unterboden unseres Autos, tatsächlich ist die Karre aber so am Ende das das bei der Rückgabe nicht weiter auffällt.

Puerto Rico ist natürlich auch bekannt für seinen hervorragenden Kaffee und für Kaffeejunkie Natalie ist es natürlich Pflicht eine der unzähligen Plantagen zu besichtigen. Wir entscheiden uns für die Café Hazeinda Munoz und lernen eine Menge über die Kaffeepflanze, den Anbau und das Kaffeerösten, abgerundet wird das ganze mit einem kleinen Tasting.

El Yunque:

Der berühmteste National Forest in Puerto Rico ist El Yunque. Der Park ist nicht nur bei Touristen beliebt, sondern auch für viele Einheimische ein beliebter Tagesausflug von San Juan. Dementsprechend voll ist es auch, als wir eintreffen. El Yunque ist der einzigste Regenwald, von allen bestehenden US-Nationalparks und beherbergt neben 240 Baumarten (davon kommen 23 Arten weltweit nur in diesem Park vor) auch noch rund 70 verschiedene Orchiedeenarten. Wir entscheiden uns nach kurzer und entschlossener Beratung (ja Sir!) beim Parkranger für einen Trail zu den La Mina Falls. Die rund 11 Meter hohen Wasserfälle sind von unglaublichen Touristenmassen überlaufen, die offensichtlich alle zur gleichen Zeit beschlossen haben darin zu baden. Uns ist das definitiv zu voll und wir ziehen schnell weiter zum Yokahu Tower der tatsächlich um 4 Uhr schließt und wir vor verschlossener Tür stehen. Na das klappt ja und unser Motto „Planung ist was für Weicheier“ rächt sich mal wieder. Aber ganz egal, uns hat der Park definitiv nicht überzeugt und es gibt weitaus schönere, ruhigere und günstigere Ecken um die Insel per Fuß zu erkunden.

Nordküste:

La Poza del Obispo

Die Nordküste zeigt sich westlich von San Juan von einer äußerst abwechslungsreichen Seite. Neben indigener Kultur in den nicht ganz leicht zu findenden Cuevas del Indio, über die wir über eine abenteuerliche Leiter hinabsteigen um die Felsritzereien zu bewundern und den Stränden gibt es auch eines der Highlights für uns: Das Arecibo Radioteleskop – Das größte Radioteleskop der Welt (ok stimmt nicht mehr, China hat das vor kurzem übertrumpft) ist beeindruckend, liegt doch der Hauptspiegel in einer Mulde zwischen Bergen und nimmt mit 305 Metern Durchmesser das ganze Tal ein. Das Teleskop hat es schon in so manchen Film geschafft (James Bond, Contact, X-Files, etc.) und bietet daneben noch eine kleine informative Austellung über die Funktionsweise sowie eine Sammlung von Mondgestein und Meteoriten. Die kleine, im Eintrittpreis inkludierte Führung (auf Englisch) ist auch sehr spaßig und bietet den ein oder anderen Aha-Effekt und Lacher (z.B. über die Höhenangst von James Bond Darsteller Pierce Brosnan). Wenn man in Puerto Rico ist sollte man einen Besuch definitiv einplanen.

Westküste:

Die Westküste ist für einige der besten Surfspots der Welt bekannt. In dem kleinen Städtchen Rincon trifft der Atlantik auf das karibische Meer und es können Wellen bis zu einer Höhe von 7,60 m brechen. Wir sind zwar keine Surfer genießen aber trotzdem das klare Meer und beobachten das Rege treiben an Rincon Beach, Crashboat Beach und Combate Beach an dem wir uns selbst in die Fluten stürzen. Trotzdem ist Puerto Rico kein klassisches Strandparadies mit weißen Stränden und kristallblauem Wasser, zumindest auf der Hauptinsel!
Nach so viel relaxen machen wir auch wieder ein wenig Kultur und schauen uns die nach San Juan zweitälteste Stadt der Insel an. San German ist ein wirklich kleiner, verträumter Ort mit vielen alten Kolonialbauten und erinnert irgendwie an die typischen Bilder die man aus Kuba kennt. Wir steigen über AirBnb bei Sarah und Anibal ab und werden prompt zum BBQ eingeladen, typisch puerto-ricanisch gibt es gebratene Blutwurst, Garnelen und Reis mit Bohnen, wir spühlen alles mit etwas Moonshine (selbstgebrannt) und viel Bier herunter.

Südküste:

Der Süden ist neben Ponce (was einen etwas schäbigen Ruf genießt) nicht sehr dicht bevölkert und bietet dadurch ziemlich viel Platz für Natur. Wir statten den Steilklippen und dem Leuchtturm bei Cabo Rojo einen Besuch ab und genießen den Sonnenuntergang. Am nächsten Tag geht es in den Guanica Dry Forest einen im Vergleich zu den üppigen Urwäldern im Hochland trockenen Regenwald mit mediteranem Flair. Hier wimmelt es erstaunlicherweise von Mücken und unsere Wanderung findet eher im Laufschritt statt, anstatt sich an der Flora zu erfreuen. Nach so viel schweißtreibender Arbeit füllen wir unsere Salzvorräte in den Salt Flats (große Areale mit Meerwasser geflutet um per Verdunstung Salz zu gewinnen) auf.

Da Puerto Rico einer der wenigen Plätze der Welt ist an denen man durch Meeresorganismen ausgelöste Biolumineszenz bewundern kann (das Wasser leuchtet bei Berührung blau) beschließen wir eine Tour zu buchen. Leider machen uns die wirklich gesalzenen Preise einen Strich durch die Rechnung, deutlich über 100 Dollar für 2 Stunden Kajaken sind einfach etwas zu viel des Guten und leider gibt es keine wirklich gängigen Methoden die Biolumineszenzbuchten selbst zu besuchen, außer man hat ein eigenes Kajak und weiß den Rangern aus dem Weg zu gehen.

Ostküste / Culebra:

Wir erkunden die Ostküste von San Juan aus und fahren an der Küstenstraße bis nach Luquille. Am Stadtrand liegen entlang der Straße unzählige kleine Imbiss Stände, die so genannten „Kiosks“. Diese sind auch bei vielen Einheimischen sehr beliebt, da man hier lokale Spezialitäten für wenig Geld bekommt. Auf unserer Reise über die Insel, haben wir schon oft an solchen kleinen Ständen angehalten und haben so das traditionelle Essen kennen- und lieben gelernt. Natürlich wandern wir auch hier einmal die Kiosk Straße entlang und probiern an unzähligen Imbissen (es gibt hier über 60 Stände, die von einzeilen Familien schon z.T. über 20 Jahre betrieben werden) die Köstlichkeiten. Neben Mofongo (Kochbananen-Brei), allerlei fritiertem wie Alcapurrias, Reis mit Hühnchen, Sofrito usw. wird die lokale Küche aber auch immer mehr von der USA Zugehörigkeit geprägt und so finden sich auch Bürger im Angebot.

Das Jahresende naht und es muss ein Plan für Silverster her, diesmal so ganz ohne Freunde. Seit wir auf der Insel sind, haben wir immer wieder von Einheimischen den Tip bekommen, das jedes Jahr auf der kleinen Nachbarinsel Culebra eine riesige Party steigt, aber eigentlich bekommt man da nur mit viel Glück und natürlich mit Vorreservierung Karten für die Fähre. Und dann war plötzlich und ganz überraschend der Silvestermorgen da und wir hatten logischerweise keine Karten reserviert, geschweige denn, uns um eine Alternative gekümmert. Mit wenig Hoffnung fahren wir also doch zum Hafen… und oh Wunder, wir haben sogar noch 2 Plätze auf der Fähre nach Culebra ergattert und das für nur 2 Dollar/Person. Nach rund 1,5 Stunden erreichen wir die nur 11 x 6 km große Insel, auf der man eine der schönsten Strände der Welt, den Playa Flamenco, finden kann. Wir steigen aus der Fähre und befinden uns schon mitten auf der Partymeile, denn hier steigt alles direkt am Pier. Je später der Abend, desto voller wird der Platz am Hafen. Natürlich spielt auch eine Band und pünkltich zum Jahreswechsel gibt es ein ordentliches Feuerwerk.

Die Party geht bis in die frühen Morgenstunden und wir machen bis 6 Uhr in der Früh durch (haben ja sowieso keine Unterkunft), um die erste Fähre zu erwischen und pünklich unseren Flieger zu erwischen, der uns in die Dominikanische Republik bringt (ganz klar, war mal wieder der günstigste Flug)

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